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25.07.2023 | Anlageberatung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Maßgeschneiderte Anlageberatung überzeugt Gen Z

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

6 Min. Lesedauer

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Studien belegen ein wachsendes Interesse an Wertpapieren schon unter Jugendlichen. Für viele Unter-35-Jährige gehören Aktieninvestments zur Normalität. Notwendige Infos liefert ihnen das Internet. Klassische Anlageberater brauchen daher mehr dynamische Interaktion. Dabei hilft KI.

Auch wenn das Interesse von jungen Menschen an Kapitalanlagen - insbesondere an Wertpapieren (acht Prozent) oder Kryptowährungen (sieben Prozent) - wächst, bleiben Girokonten mit 45 Prozent sowie das klassische Sparbuch beziehungsweise das Tagesgeld mit 30 Prozent die beliebtesten Finanzprodukte unter Jugendlichen. Das zeigt die aktuelle Ausgabe der "Postbank Jugend-Digitalstudie 2023" unter rund 1.050 Teilnehmern im Alter zwischen 16 und 18 Jahren. Den Jugendlichen stehen derzeit 278 Euro pro Monat für private Ausgaben zur Verfügung. Im vorangegangenen Jahr lag dieser Betrag bei 251 Euro. 

"In den vergangenen Monaten gab es immer wieder Nachrichten über erfolgreiche Investitionen von Privatanlegern. Das mag Jugendliche animiert haben, sich näher mit dem Thema Aktieninvestments auseinanderzusetzen und vermehrt in Geldanlagen zu investieren", erläutert Thomas Brosch, Leiter Digitalvertrieb bei der Postbank, die Entwicklungen bei den sehr jungen Verbrauchern. "Die zunehmenden Anlageaktivitäten im Bereich Tagesgeld und Festgeld sind eine direkte Folge der Zinswende, die in den vergangenen Jahren stattgefunden hat." 

Junge Sparer bevorzugen Fonds und ETFs

Deutlich häufiger investieren junge Erwachsene in Wertpapiere, wie die Studie "Generation Aktie" vom September 2022 belegt. Für die Erhebung, die das Center for Research in Financial Communication der Universität Leipzig im Auftrag des Deutschen Investor Relations Verbands (DIRK) und des Deutschen Aktieninstituts durchgeführt hat, standen neben älteren Sparern auch gut 700 Probanden unter 35 Jahren Rede und Antwort. 

In dieser Altersgruppe belegen ETFs und Fonds mit 82 Prozent den Spitzenplatz vor Einzelaktien (65 Prozent). Auch das Thema Kryptowährungen (32 Prozent) hat unter den Befragten fast zum Fest- und Tagesgeld (34 Prozent) aufgeschlossen. Mit 70 Prozent legen mehr als zwei Drittel dieser sogenannten Generation Z regelmäßig Geld per Sparplan in Aktien an. Dabei stellt der langfristige Vermögensaufbau für 77 Prozent der Unter-35-Jährigen das wichtigste Anlagemotiv dar.  

Social Media liefert Finanzinformationen

"Die jungen Newcomer an der Börse zeigen wie es geht: Sie investieren breit und regelmäßig, bringen einen langen Atem mit und informieren sich im Netz", so DIRK-Geschäftsführer Kay Bommer. Auf Social-Media-Plattformen wie Youtube oder Instagram sowie über Podcasts informieren sich junge Verbraucher deutlich häufiger als ältere Anleger, so die Umfrage. Wichtig sind ihnen aber auch Daten von börsennotierten Unternehmen aus Geschäftsberichten (75 Prozent) und von Investor-Relations-Websites (70 Prozent). "Das eröffnet Spielräume für die Kommunikation der IR-Abteilungen sowie für neue Akteure wie Finfluencer und Neo-Broker", schlussfolgert Christian Hoffmann, Professor für Kommunikationsmanagement an der Universität Leipzig. 

Diese Finfluencer erläutern unterschiedliche Finanzaspekte, die vom Umgang mit Studienkrediten über den Hauskauf und Tipps zu Gehaltsverhandlungen bis hin zu Steuererklärungen, Aktieninvestitionen und das Portfoliomanagement reichen. Hierzu nutzen sie kurze, leicht verständliche Videoformate, schreiben Anouk de Regt, Zixuan Cheng und Rayan Fawaz im englischsprachigen Buch "Optimistic Marketing in Challenging Times".

Gen Z hält eigenes Finanzwissen für "gut"

Dabei halten sich Verbraucher der Generation Z in Finanzdingen für durchaus versiert, wie die Junge-Leute-Studie des Versicherungskonzerns Swiss Life aus dem Sommer 2022 belegt. Der zufolge stufen 56 Prozent dieser Altersgruppe ihre Finanzkenntnisse als "gut" bis "sehr gut" ein. Das ist ein Plus von acht Prozentpunkten im Vergleich zum Jahr 2020. Für die Erhebung sind von Mai bis Juni 2022 mehr als 4.000 Personen, bevölkerungs- und generationenrepräsentativ, zu ihrem Vorsorgeverhalten und zur individuellen Einstellung zu Finanz- und Geldanlagen befragt worden. Nur die sogenannte Generation Y, also die zwischen 1981 und 1995 Geborenen, schätzt das eigene Finanzwissen mit 61 Prozent noch besser ein.

Wird es allerdings komplex - etwa bei der Altersvorsorge, Pflege- und Berufsunfähigkeitsversicherungen - wird offenbar doch echte Beratung notwendig. "Gerade bei den Generationen Z und Y liegt die Bereitschaft, selbständig und online abzuschließen, bei unter einem Fünftel aller Befragten", berichten die Studienautoren von Swiss Life. 

Neue Beratungsstrategien sind gefragt

Doch Informationsquellen aus dem Netz setzen die klassische Beratung zunehmend unter Druck. Das gilt vor allem im Wealth Management, wie Stefan Janssen in der Zeitschrift "Bankmagazin" (Ausgabe 9 | 2022) erläutert: 

Insbesondere Millennials und die Generation Z haben andere Ansprüche an Dienstleistungen und Beratung. Und sie möchten auf andere Art und Weise mit ihren Vermögensverwaltern umgehen. Sie erwarten dynamischere Interaktionen, persönliche Beziehungen und Online-Kommunikation. Den personalisierten Dienstleistungen entsprechend, die sie etwa von Amazon, Netflix und Spotify gewöhnt sind, wünschen sie einen maßgeschneiderten Service", erklärt der Banking-Experte die Entwicklungen bei vor allem jungen Vermögenden. 

Um die bestehende Kundschaft zu halten und neue hinzuzugewinnen, komme es laut Janssen vor allem auf das Kundenerlebnis an. "Berater bewahren ihren Ruf als Experten nur dann, wenn sie ihre Kunden in den richtigen Online-Kanälen mit den richtigen Materialien zur richtigen Zeit erreichen. Diese Inhalte müssen zudem auf die spezifischen Bedürfnisse und die Situation jedes einzelnen Kunden zugeschnitten sein. Und das nicht nur auf dem Deckblatt."

Mit Künstlicher Intelligenz besser beraten

Um mit dieser Entwicklung Schritt zu halten, empfiehlt der Autor, sich auch in der Beratung an die demografischen Veränderungen anzupassen. "Aus diesem Grund ist die Verwendung digitaler Tools und Daten von entscheidender Bedeutung." Wie es Banken gelingt, mit Künstlicher Intelligenz (KI) wieder die Hoheit über die Anlageberatung zu gewinnen, hat das Beratungshaus Cofinpro in einem kürzlich veröffentlichten Thesenpapier erläutert: 

Finanzinstitute bieten ein ideales Umfeld für den breiten Einsatz von KI. Insbesondere die Anlageberatung ist dafür prädestiniert, da hier die Vorteile der Analyse großer Datenmengen zum Tragen kommen. Zudem bietet die Technologie enorme Effizienzvorteile, da sie relevante Informationen in Echtzeit aufbereiten kann. Die Branche steht damit vor einem tiefgreifenden technologischen und kulturellen Wandel", sagt Cofinpro-Experte Jörg Brock.

Dabei lässt sich der positive Effekt entsprechender Tools an insgesamt sechs Punkten ausmachen: 

  1. Mit KI-Unterstützung lässt sich das Produktangebot leichter konfigurieren und in kürzester Zeit an die spezifischen Bedürfnisse des Kunden anpassen.
  2. Anlageberater werden auch in Zukunft Experten für die Kapitalmärkte sein, allerdings kombiniert mit Technologie-Know-how. Denn auch entsprechende Tools müssen richtig bedient und überwacht werden.
  3. KI kann Tausende von Einzeltiteln analysieren und gleichzeitig komplexe Zusammenhänge anschaulich visualisieren. Mit diesem Werkzeug kann auch ein durchschnittlicher Kundenberater mit Expertenwissen glänzen.
  4. Gut drei Viertel der Arbeitszeit eines Finanzberaters entfallen auf Routineaufgaben und Dokumentationspflichten. Künftig wird der digitale KI-Assistent einen Großteil dieser Arbeit übernehmen können.
  5. Künstliche Intelligenz kann Banken bei der Compliance unterstützen, indem sie Prozesse überprüft, das Risikomanagement verbessert und Fehlerquellen identifiziert.
  6. Banken dürfen die hohen Anforderungen an Transparenz, Qualitätssicherung, Kontrolle und Datenschutz nicht vernachlässigen. Hier gilt es, neue Standards von Anfang an mitzugestalten. Ein verantwortungsvoller Umgang mit den neuen Technologien kann in Zukunft Nachbesserungen vermeiden und Vertrauen schaffen.

"Von der Kundenansprache über die individuelle Beratung bis hin zum Abschluss und der langfristigen Betreuung wird die KI Berater und Kunden künftig wie ein persönlicher Assistent unterstützen", glaubt Brock.

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