Skip to main content
Erschienen in:
Buchtitelbild

Open Access 2024 | OriginalPaper | Buchkapitel

6. Schlussbetrachtung

verfasst von : Fabio-Yannick Laschet

Erschienen in: Noncomplainer-Management im BtB-Marketing

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
download
DOWNLOAD
print
DRUCKEN
insite
SUCHEN
loading …

Zusammenfassung

Der Wandel, in dem sich nicht nur Konsumgüter-, sondern auch BtB-Märkte befinden, stellt Anbieter angesichts sich verändernder Kundenerwartungen vor neue Herausforderungen. Eine Möglichkeit, um diesen entgegnen zu können, stellt ein ausgeprägtes Wissen über aktuelle und potenzielle Kunden dar. Vor diesem Hintergrund können Noncomplainer, die ihre Unzufriedenheit nicht unmittelbar an den Anbieter artikulieren, als eine wertvolle Informationsquelle gesehen werden. Zudem können Noncomplainer die Erreichung psychografischer und ökonomischer Zielgrößen massiv gefährden.
Der Wandel, in dem sich nicht nur Konsumgüter-, sondern auch BtB-Märkte befinden, stellt Anbieter angesichts sich verändernder Kundenerwartungen vor neue Herausforderungen. Eine Möglichkeit, um diesen entgegnen zu können, stellt ein ausgeprägtes Wissen über aktuelle und potenzielle Kunden dar. Vor diesem Hintergrund können Noncomplainer, die ihre Unzufriedenheit nicht unmittelbar an den Anbieter artikulieren, als eine wertvolle Informationsquelle gesehen werden. Zudem können Noncomplainer die Erreichung psychografischer und ökonomischer Zielgrößen massiv gefährden. Mit Blick auf die Besonderheiten von BtB-Märkten ist daher ein verbessertes Verständnis dieser Kundengruppe im betrieblichen Kontext unter der Berücksichtigung gesellschaftlicher Entwicklungen notwendig, um zielgerichtete Ansatzpunkte für die Stimulierung von Beschwerden zur Transformation von Noncomplainern in Beschwerdeführer zu identifizieren. Gleichwohl ist eine vollständige Umkehr aller Noncomplainer in der Praxis sicherlich nicht zu erreichen, sodass es zudem sinnvoll sein wird, diese frühzeitig an das Unternehmen zu binden, um stille Kundenabwanderungen zu verhindern. Hierfür galt es ein tiefgründiges Verständnis der Loyalitätsmotive von Noncomplainern zu entwickeln. Konkret wurden die folgenden übergeordneten Forschungsfragen mittels einer qualitativen und zwei quantitativen Studien – wobei die quantitative Studie zwei sich in zwei eigenständige Teile untergliederte – beantwortet:
  • Welche Antezedenzien sind spezifisch für das Noncomplaining im BtB-Bereich?
  • Welchen Einfluss können individuelle Persönlichkeitsmerkmale sowie die Multipersonalität in Form einer Gruppenstruktur auf das organisationale Noncomplaining ausüben?
  • Welche Loyalitätsmotive weisen Noncomplainer im BtB-Bereich auf und welche Typen an loyalen Noncomplainern können vor dem Hintergrund ausgewählter Einflussfaktoren ausdifferenziert werden?
  • Welchen Einfluss spielt die wahrgenommene gesellschaftliche Kritikakzeptanz hinsichtlich des Noncomplainer-Verhaltens gegenüber dem Anbieter sowie Dritten?
In Anbetracht der ersten Forschungsfrage konnten im Rahmen der vorliegenden Arbeit unterschiedliche Antezedenzien des Noncomplainings im BtB-Kontext aufgezeigt werden, die sich durchaus von den bisherigen Forschungserkenntnissen aus dem Endkonsumentenbereich abheben. So wurde bspw. unter Berücksichtigung der für das BtB-Marketing charakteristischen Multipersonalität ersichtlich, dass das Wechselspiel aus individuellen Persönlichkeitsmerkmalen und der Struktur des Buying Centers die grundlegende Einstellung zum Noncomplaining gewissermaßen prädisponiert. Zudem nahm u. a. der direkte, persönliche Ansprechpartner eine bedeutsame Rolle im Rahmen der Beschwerdeartikulation ein – und formale Beschwerdekanäle nur in geringerem Maße. Demnach kann die Existenz des Interaktionsparadigmas das Noncomplaining offenbar negativ beeinflussen, sofern eine partnerschaftliche und kooperative Problemlösung in Aussicht gestellt wird. Ferner bildet auch die Beziehungsqualität einen zentralen Anknüpfungspunkt – einerseits für die Beschwerdestimulierung und andererseits, wie in Studie 2b gezeigt, für die Bindung von Noncomplainern. Gleichwohl zeigten sich hier erste Hinweise auf ein potenzielles Noncomplainer-Loyalty-Paradox. Schließlich hebt sich das BtB-Noncomplaining insofern vom BtC-Kontext ab, dass der Verzicht auf eine Beschwerdeäußerung scheinbar auch aus machttaktischen Überlegungen heraus motiviert sein kann – konkret aus der Sorge vor negativen Konsequenzen für die Geschäftsbeziehung.
Zur Beantwortung der zweiten Forschungsfrage konnte auf Basis des HEXACO-Modells gezeigt werden, dass auch im BtB-Bereich individuelle Persönlichkeitsmerkmale einen beachtlichen Anteil der Varianz des Noncomplainings erklären können. Genauer gesagt, fördern bzw. vermindern besonders die Faktoren Honesty-Humility, Emotionality und Conscientiousness das Noncomplaining. So ergab sich dahingehend eine Besonderheit gegenüber der BtC-Forschung, dass sich u. a. aus Fairness gegenüber dem Anbieter beschwert wird – und nicht aus einer empfundenen Unfairness heraus. Des Weiteren sind offenbar auch auf BtB-Märkten Empfindungen wie Angst, Empathie und Mitleid von Relevanz und begünstigen das Noncomplaining, obwohl dem dortigen Verhalten vielfach eine verstärkte Rationalität beigemessen wird. Sodann liefert der positive Einfluss von Gewissenhaftigkeit, Sorgfalt und Pflichtbewusstsein einen Ansatzpunkt zur Beschwerdestimulierung aus Sicht des Kundenunternehmens selbst. Demgegenüber fokussierte anschließend die Studie 2b die Struktur des Buying Centers und deren Wirkung auf die generelle Einstellung zum Noncomplaining. Dabei wurde ersichtlich, dass besonders heterogene Buying Center die grundlegende Tendenz zum Verzicht auf eine Beschwerdeartikulation gegenüber dem Anbieter begünstigen.
Angesichts der dritten Forschungsfrage konnte schließlich auf Basis der um das Loyalitätsmodell von Oliver (1997) erweiterten Exit-Voice-Theorie das Treueverhalten von Noncomplainern im BtB-Kontext über vier aufeinander aufbauenden Intensitätsstufen ausdifferenziert werden: die kognitive, affektive, konative und aktionale Loyalität. Jede dieser vier Loyalitätsstufen bietet dabei unterschiedliche Ansatzpunkte, die BtB-Unternehmen im Rahmen ihres Kundenbindungsmanagements berücksichtigen können. So lassen bspw. Abhängigkeitsverhältnisse, der Verzicht auf ein lieferantenseitiges Abwehrverhalten sowie der Aufbau der Beziehungsqualität auf Basis vertrauensschaffender Instrumente Bindungspotenziale für Noncomplainer erkennen, die gleichzeitig beschwerdestimulierend und WoM-reduzierend wirken können.
In Anbetracht der vierten Forschungsfrage kann der Schluss gezogen werden, dass auch gesellschaftliche Entwicklungen das organisationale Noncomplainer-Verhalten beeinflussen können. Konkret wirkt offenbar die wahrgenommene gesellschaftliche Kritikakzeptanz über das Individuum auf die Gruppeneinstellung und zwar dahingehend, dass möglicherweise aus Sorge vor sozialen Risiken und potenziellen Sanktionen auf eine Beschwerdeäußerung verzichtet wird. Gesellschaftliche Einflüsse können demnach wohl psychische Beschwerdehemmnisse darstellen. Zudem zeigten sich in der Studie 2b erste Hinweise, dass auch gesellschaftliche Entwicklungen im Hinblick auf eine allgemeine Kritikakzeptanz zu einer Verminderung der Gefahr von Imageschäden oder Abwanderungen Dritter beitragen, indem sie den unzufriedenen Kunden zu einer unmittelbaren Beschwerde beim Anbieter ermutigen können – und nicht zu einem negativen Kommunikationsverhalten gegenüber Dritten motivieren.
Aufbauend auf diesen Erkenntnissen konnten Handlungsimplikationen für die betriebliche Praxis abgeleitet werden. Im Wesentlichen sollte es mit Blick auf die Mehrstufigkeit von BtB-Märkten das Ziel sein, als Unternehmen ein sog. Ambidexterity-Complaint-Management zu etablieren, um auf diese Weise die Noncomplainer-Herausforderung sowohl aus Anbieter- als auch Kundenperspektive heraus adressieren und die Gefährdung der Erreichung psychografischer und ökonomischer Zielgrößen vermindern zu können. Hierbei sollte die Beschwerdestimulierung durch Noncomplainer-Bindungsmaßnahmen flankiert werden.
Vollends leistet die Arbeit damit einen relevanten Beitrag zu einem tiefgründigen Verständnis von Noncomplainern und ihrem Verhalten im BtB-Bereich – insb. unter Berücksichtigung der Koexistenz individueller und gruppenbezogener Einflussfaktoren, verschiedener Loyalitätsmotive sowie gesellschaftlicher Entwicklungen. So konnte insgesamt gezeigt werden, dass ein gezieltes Management der Noncomplainer-Herausforderung auch auf BtB-Märkten ein Differenzierungspotenzial von der Konkurrenz bieten und auf diese Weise Wettbewerbsvorteile schaffen kann. Hiermit liefert die Arbeit neben konkreten Studienerkenntnissen Impulse und Anknüpfungspunkte für künftige Forschungsvorhaben und gleichermaßen für die marktorientierte Unternehmensführung in der betrieblichen Praxis.
Open Access Dieses Kapitel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Kapitel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
download
DOWNLOAD
print
DRUCKEN
Metadaten
Titel
Schlussbetrachtung
verfasst von
Fabio-Yannick Laschet
Copyright-Jahr
2024
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-44272-9_6

Premium Partner