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05.04.2023 | Bankstrategie | Interview | Online-Artikel

"Banken sollten beim Recruiting außerhalb der Box denken"

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

4:30 Min. Lesedauer

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Mit der Übernahme der angeschlagenen Großbank Credit Suisse durch ihre Wettbewerin UBS entsteht eine Schweizer Megabank. Mögliche Auswirkungen der Transaktion auf das Personalmanagement und wie andere Häuser davon profitieren können, erläutert Personal-Experte Kaan Bludau im Interview.

springerprofessional.de: In der Schweiz ist gerade die Credit Suisse (CS) eine Zwangsehe mit ihrer Konkurrentin UBS eingegangen. Welche grundsätzlichen Auswirkungen hat ein solches Ereignis auf die personellen Strukturen in den betroffenen Häusern und auf die Außenwirkung der nun noch größeren Bank?

Kaan Bludau: Veränderungen führen, so unsere Erfahrungen aus vielfältigen Projekten, zu Verunsicherungen bei den Betroffenen. In einem ersten Schritt gilt es, so weit wie möglich Orientierung zu stiften. Dies gelingt durch transparente und regelmäßige Kommunikation und Austausch. Darüber hinaus müssen einerseits zwei Unternehmenskulturen miteinander verschmelzen und andererseits Prozesse, Strukturen und IT-Systeme harmonisiert werden. Hier muss allerdings eine klare Linie definiert werden, ansonsten besteht eine große Gefahr zu scheitern. Das Bilanzvolumen der neuen Bank ist immerhin doppelt so hoch wie das BIP der Schweiz! Insbesondere hier liegt es jetzt an der Unternehmensführung, Ruhe zu vermitteln und das Vertrauen wiederherzustellen.

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Wie eine Fusion gelingen kann

Der Zusammenschluss zweier Geldhäuser kann zu einer Erfolgsstory werden, wenn die Mitarbeitenden bei den Plänen eine große Rolle spielen. Das zeigt das Beispiel der Merkur Bank, die 2019 die Bank Schilling übernommen hat und seitdem als Merkur Privatbank auftritt.

Wo müssen Mitarbeiter, Führungskräfte und Top-Manager in einer solchen Situation kurz- und mittelfristig mit Stellenabbau rechnen?

Eine Stellenanpassung steht immer in einer Korrelation zur zukünftigen Gesamtstrategie. Aktuell lässt sich die konkrete zukünftige Ausrichtung noch nicht abschließend erkennen. Wenn eine solche Situation durch schlechtes Management herbeigeführt wurde, kommt es im Anschluss häufig zu einem Stellenabbau in Führungspositionen. Und im Fall der CS wird es vor allem im Bereich Investmentbanking Kürzungen geben, da die Bank hierfür über die letzten Jahre immer wieder außerplanmäßig Milliardenbeträge abschreiben musste. Die CS überstand die letzte Weltfinanzkrise auffällig gut, da man die teuersten Fehler am amerikanischen Hypothekenmarkt vermeiden und die Investmentbank gleichzeitig starke Gewinne in anderen Sparten erzielen konnte. Der damalige CEO Brady Dougan war dazu langjähriger Investment-Banker und so baute man das Geschäft aus. Dieser Fehler beschäftigt die Führungsetage bis heute. Denn nirgends kann man schneller höhere Gewinne erzielen, als im Investment-Banking - das Gleiche gilt allerdings auch für Verluste. 

Erwarten Sie Effekte aufgrund der Megafusion für das Personalmanagement im europäischen Banken- und Finanzsektor insgesamt? Rechnen Sie mit einem Buhlen um dringend benötigte Fachkräfte, die nun frei werden? 

Streng genommen wird immer um Fach- und Führungskräfte gebuhlt, da der Erfolg eines Unternehmens hochgradig von ihnen abhängt. Eine große Fusion führt häufig dazu, dass einige solcher Kräfte offen für eine berufliche Neuorientierung sind, allerdings bezweifle ich, dass der Markt völlig überflutet wird. Die Schweizer Nationalbank unterstützt die Fusion ja durch Liquiditätshilfen in dreistelliger Milliardenhöhe, dies dient unter anderem auch dazu, die anstehenden Stellenkürzungen gering zu halten.

Wie können deutsche Banken strategisch vorgehen, um sich für diese Bewerber als attraktive Arbeitgeber zu positionieren? 

Ganz generell, indem man versucht, die Bedürfnisse des Arbeitnehmers zu verstehen. Mittlerweile können sehr verschiedene Faktoren für die Attraktivität eines Arbeitsplatzes entscheidend sein, nicht mehr nur ein möglichst hohes Gehalt. Flexible Arbeitszeiten oder die Option, von zu Hause aus zu arbeiten sind auch für das Management wichtiger geworden. Hier haben einige Banken noch Nachholbedarf, auch die häufig klassisch-hierarchischen Strukturen können abschreckend sein. Dazu ist im Recruiting vieles festgefahren, unkonventionelle Lebensläufe, Quereinsteiger oder Frauen in hochrangigen Führungspositionen sind eine Seltenheit. Dies entspricht nicht mehr der Realität des Arbeitsmarktes, gerade im immer wichtigeren IT-Bereich gehen hier wertvolle Impulse verloren. Deutsche Banken könnten also im Kampf um die besten Führungskräfte viel gewinnen, indem sie beim Recruiting ein wenig außerhalb ihrer Box denken.

Welche Institute haben aus Ihrer Sicht dabei besonders gute Karten?

Jede Bank, die bereit ist, den Bedürfnissen Ihrer Arbeitnehmer entgegenzukommen und gleichzeitig eine starke Zukunftsvision und hohe Digitalkompetenz vorweisen kann.

Nun gibt es in Deutschland ebenfalls regelmäßig Fusionen unter Banken, wenn auch meist mit regionalem Fokus. Die Geldhäuser hoffen, damit ihr Geschäft rentabler aufzustellen, Ressourcen und Stärken zu bündeln und durch die Streichung von Jobs Kosten zu sparen. Das kann in der Belegschaft für Unruhe sorgen und zugleich am Image des neuen Instituts kratzen. Zu welcher Strategie raten Sie dem Management und den Personalverantwortlichen in solchen Fällen?

Zunächst rate ich dazu, eine Fusion nur mit einer gut ausgearbeiteten Strategie anzugehen. Die Gelegenheit, einen Wettbewerber zu übernehmen, ist so verführerisch, dass sich häufig erst während der Fusion gefragt wird, was genau man sich davon eigentlich erhofft. Je früher und transparenter diese Strategie mit der Belegschaft kommuniziert wird, umso ruhiger verläuft der Prozess. Außerdem empfiehlt es sich, ein Augenmerk auf die Verschmelzung der Unternehmenskulturen zu legen. Organigramme und Strukturen sind hierbei oft schnell geklärt, doch Kommunikationswege, Arbeitsabläufe und insbesondere kulturelle Aspekte sind schwierig zu ändern. Wie ist unser Selbstverständnis? Wie definieren wir Verantwortung? Wen und was darf ich hinterfragen? Dialogformate und Partizipationsmöglichkeiten können hier Transparenz schaffen, Orientierung stiften und so der Belegschaft die Transformationsphase erleichtern.

Haben Sie ein praktisches Beispiel, welche Bankenfusion in Deutschland aus HR-Sicht besonders gut gelungen ist?

Für die Bewertung von Fusionen gilt dieselbe Faustregel, wie für Bewertung von Schiedsrichter-Leistungen: Je weniger man darüber hört, umso besser! Ein gutes Beispiel hierfür wäre die Übernahme der Diba (Direktbank) durch die ING Groep 2003. Die entstandene ING DiBa ist mittlerweile die größte Direktbank Deutschlands und eine der zehn größten Banken des Landes insgesamt, mit sehr gutem Renommee.

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