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Open Access 2024 | OriginalPaper | Buchkapitel

7. Kompetenzentwicklung und -sicherung in der industriellen Datenanalyse von Wertschöpfungsnetzwerken

Vorstellung einer modularen und praxisorientierten Work&Learn-Plattform mit dem besonderen Fokus auf KMU

verfasst von : Christopher Klupak, Felix Walker, Volker Zimmermann, Rebekka Adams

Erschienen in: Industrielle Datenanalyse

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) stehen vor besonderen Herausforderungen, wenn es darum geht, die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der industriellen Datenanalyse für sich als Wettbewerbsvorteil zu nutzen. Aufgrund der begrenzten Ressourcen wie Kapital, Mitarbeiter und Knowhow haben gerade diese Unternehmen einen besonders großen Bedarf, um ihre Mitarbeitenden in der Anwendung von industrieller Datenanalyse auszubilden und ihre Kompetenzen stetig zu erweitern. Durch die Bereitstellung von Mikrokursen und Instrumenten, die speziell auf die Bedürfnisse von KMU abgestimmt sind, können Unternehmen ihre Mitarbeiter gezielt schulen und weiterbilden. Dies trägt nicht nur zur Förderung der beruflichen Entwicklung bei, sondern deckt auch den Bedarf an qualifizierten Fachkräften in diesem Bereich. Letztendlich wird damit insbesondere das Ziel verfolgt, den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens zu verbessern. Die entwickelte Work&Learn-Plattform im Projekt AKKORD bietet verschiedene rollenbezogene Kurse, die sich an der Prozesskette der industriellen Datenanalyse (Zugriff, Analyse, Anwendung und Administration) orientiert. Die Teilnehmenden können ihre Schulungen auf ihre individuellen Ziele und Bedürfnisse abstimmen und erhalten nach erfolgreicher Kursteilnahme und Abschlusstest für die jeweilige Kompetenzrolle ein AKKORD-Zertifikat, das ihre Kompetenzen im Bereich der industriellen Datenanalyse bestätigt. Des Weiteren bietet die Plattform auch eine Ein- und Ausgangsbefragung, um den Lernfortschritt sowie den Bedarf der Teilnehmenden zu ermitteln und eine optimale Schulung zu garantieren.

7.1 Einleitung und Motivation

Die zunehmende Digitalisierung und Automatisierung in der Industrie hat dazu geführt, dass immer mehr Daten erfasst werden. Diese Daten können besonders für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) eine wichtige Ressource darstellen, um den zahlreichen Herausforderungen, wie zum Beispiel den steigenden Kosten, dem erhöhten Wettbewerbsdruck und den schnellen Veränderungen im Marktumfeld, zu begegnen (West et al., 2021, S. 131 ff.; Haarmeier, 2021, S. 5 ff.). Die Bedeutung kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU) in Deutschland ist dabei nicht zu unterschätzen, da sie das Rückgrat der deutschen Wirtschaft mit etwa 99 % aller Unternehmen in Deutschland bilden. Damit sind sie ein wichtiger Treiber für Innovation und Wachstum (Statistisches Bundesamt, 2019). Allerdings haben diese Unternehmen auch besondere Herausforderungen zu bewältigen. Sie verfügen oft über begrenzte Ressourcen und müssen sich gegenüber großen Konzernen behaupten. Dies erfordert ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, um in einem dynamischen Marktumfeld erfolgreich bestehen zu können (Seyda, 2012, S.1ff). Durch die Analyse von Daten können Unternehmen in Echtzeit auf Veränderungen im Marktumfeld reagieren und somit schnell und flexibel agieren. Der Einsatz von industrieller Datenanalyse bietet hierbei eine Möglichkeit, um Unternehmen dabei zu unterstützen, ihre Geschäftsprozesse und Produkte kontinuierlich zu verbessern und somit langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben (Czernich, et al., 2019, S. 9 ff.). Für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) kann der Einstieg in die industrielle Datenanalyse allerdings eine Herausforderung darstellen, denn häufig verfügen sie nicht über die notwendige Infrastruktur und Expertise, um große Datenmengen effektiv zu verarbeiten und auszuwerten (Weskamp et al., 2014, S. 22 ff.). In diesem Kontext können Serviceplattformen für die industrielle Datenanalyse einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie Unternehmen und ihre Mitarbeitenden dabei unterstützen, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten im Bereich der datengestützten Analysen und Entscheidungen zu erweitern (siehe Kap. 1). Auf dem Markt gibt es bereits eine Vielzahl unterschiedlicher Aus- und Weiterbildungsangebote im Bereich der industriellen Datenanalyse. Dabei handelt es sich meist um sehr kosten- und zeitintensive Angebote, die gerade für KMU aufgrund der knappen Ressourcen nicht wahrnehmbar sind. Hier braucht es für die Unternehmen und Mitarbeitenden ein niederschwelliges, kostenloses und ganzheitliches Lösungskonzept, welches im Rahmen des Projektes AKKORD mit der Work&Learn-Plattform (W&L) umgesetzt wird. Dazu wird im ersten Abschnitt ein kurzer Überblick über die bereits am Markt verfügbaren Lernangeboten zur Einordnung gegeben. Im nächsten Abschnitt werden die Anforderung zur „Kompetenzerfassung – und Sicherung in der industriellen Datenanalyse von Wertschöpfungsnetzwerken“ mit dem besonderen Fokus auf KMU definiert. Daran anknüpfend wird die konzeptuelle Entwicklung des Lernbereiches dargestellt, in dem der inhaltliche Aufbau der Lernkurse als Mockup dargelegt wird. Im nächsten Abschnitt wird die Umsetzung der digitalen Lerninhalte als Mockup in die Serviceplattform (W&L) aufgezeigt. Im Anschluss erfolgt die Darstellung der Validierung sowie der Optimierungsansätze. Im letzten Abschnitt wird neben einer Zusammenfassung noch ein Ausblick auf die Zukunft gegeben.

7.2 Analyse und Anforderungsdefinition zum Themenfeld „Kompetenzaufbau und -sicherung in Wertschöpfungsnetzwerken“

Als Grundlage für die Konzeption und Entwicklung im Leistungsbereich ist es zunächst einmal notwendig, den Begriff der industriellen Datenanalyse sowie die notwendigen Kompetenzen näher zu spezifizieren (siehe Kap. 2). Im Bereich der allgemeinen Datenwissenschaften gibt es eine große Anzahl datengestützter Ansätze, die ausschließlich auf der Grundlage von Zahlenwerten Erkenntnisse liefern. Beim Einsatz im industriellen Produktionskontext (Engl. Industrial Data Science) scheitert dieser Lösungsansatz u. a. meistens aufgrund der komplexen Anlagenstruktur sowie der spezifischen Anforderungen einer automatisierten Fertigung. Abhilfe können hier sogenannte Smart Data-Methoden schaffen, die Expertenwissen mit datengetriebenen Big-Data-Analysen vereinen (Trunzer et al., 2019, S. 90 ff.). Beim Einsatz industrieller Datenanalysen werden die gesammelten Daten häufig retrospektiv betrachtet, um anhand von historischen Produktionsdaten Modelle zum Systemverhalten der Fertigungsinfrastruktur zu erstellen. Durch diese Vorgehensweise kann beispielsweise das Wartungsmanagement optimiert werden, um eine höhere Anlagenverfügbarkeit zu erreichen. Die Anwendung von industriellen Datenanalysen gestaltet sich durch die Heterogenität der vorhandenen Daten als große Herausforderung, da der Zugriff auf die unterschiedlichen Systeme und Datenbanken sowie die sinnvolle Zusammenführung der Informationen ein hohes Maß an Fachwissen und Methodenkompetenz voraussetzt.
Um erfolgreich industrielle Datenanalysen durchführen zu können, benötigen gerade die Mitarbeiter in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) spezifische Kompetenzen. Ein solides Fachwissen über die Funktionsweise und Prozesse in der produzierenden Industrie ist dabei unerlässlich, um die gesammelten Daten richtig interpretieren und analysieren zu können (siehe Kap. 3). Zudem ist eine Methodenkompetenz erforderlich, um statistische und mathematische Methoden anwenden zu können und Datenanalyse-Tools und -Technologien effektiv zu nutzen (Lundborg & Gull, 2021, S. 2 ff). Die Kompetenz im Umgang mit Daten, Datenbanken und Datenmanagement ist ebenfalls von Bedeutung, um die Daten korrekt abzurufen, zu speichern und zu verarbeiten. Zudem benötigen Mitarbeiter eine ausgeprägte Fähigkeit, komplexe Probleme zu identifizieren und zu lösen, um die Herausforderungen bei der Analyse und Interpretation von Produktionsdaten zu bewältigen. Schließlich ist es von großer Bedeutung, dass Mitarbeiter in der Lage sind, die Ergebnisse der Datenanalyse in verständlicher Weise zu kommunizieren und Empfehlungen für Maßnahmen abzuleiten (Blumberg & Kauffeld, 2021, S. 204 ff.; Wangermann, 2020, S. 5 f.; Buchholz et al., 2017, S. 32 ff.).
Weitere Anforderungen an die Entwicklung einer Kollaborationsplattform für kompetenzbasierte Zusammenarbeit in industriellen Datenanalyseprojekten werden detaillierter durch Syberg et al. (2023, S. 64 ff.) beschrieben.

7.3 Konzeptuelle Entwicklung des Leistungsbereichs „Kompetenzen und Handlungsempfehlungen“

Um KMU bei der praxisorientierten Umsetzung von industrieller Datenanalyse effektiv zu unterstützen, ist es notwendig, die technischen und inhaltlichen Rahmenbedingungen festzulegen. Mit dem Projektpartner NEOCOSMO wurde die Entwicklung und Konzeptionierung einer E-Learning-Plattform geplant, um die Plattformnutzer optimal durch das Konzept des situierten und selbstgesteuerten Lernens bei der Aus- und Weiterbildung im Bereich der industriellen Datenanalyse zu fördern. Die Plattform muss dabei über eine intuitive Bedienoberfläche verfügen, die den Lernenden ermöglicht, sich schnell zurechtzufinden. Im Referenzbaukasten von AKKORD ist diese Plattform im Baustein „Lern- und Kollaborationsplattform“ verankert (siehe Kap. 4). Die Plattform unterstützt insbesondere die periphären Bausteine zur Durchführung von Industriellen Datenanalysen (siehe Kap. 5 und 6).
Der Lernbereich als zentraler Teil der Serviceplattform ist folgendermaßen aufgebaut: Beim ersten Login wird den Nutzenden ein Popup-Fenster angezeigt, in dem sie auf der Plattform begrüßt werden und der Link zur Eingangsbefragung hinterlegt ist. Durch die Absolvierung der Eingangsbefragung soll der IST-Zustand ihrer Datenanalysekompetenzen erfasst werden. Im weiteren Verlauf des Lernprozesses wird den Lernenden die Empfehlung von rollenbezogenen Lernpfaden ermöglicht, die an ihren individuellen Bedürfnissen orientiert sind.
Die einzelnen Kurse und Lektionen sind als Microkurse angelegt und bieten kompakte Einheiten von etwa 90min bis 300min, die im Gegensatz zu anderen Anbietern knappe und für die Nutzenden zwischendurch absolvierbare Kursbausteine zur Verfügung zu stellen. Jeder AKKORD-Kurs besteht aus mehreren Lektionen und Sublektionen, wobei der Schulungsinhalt durch verschiedene auditive (Tonspuren) und visuelle (Bilder, Videos) Unterlegungen unterstützt wird. Des Weiteren ist die Nutzung des tutoriellen Feedbacks innerhalb der Verständnisquizze in den Kurslektionen vorgesehen, um die Lernenden durch adaptive Hilfestellung zusätzlich zu unterstützen (Narciss, 2006, S. 19 ff.). Darüber hinaus soll der Lernfortschritt für die Lernenden ersichtlich sein. Zum Beginn jeder Lernlektion wird ein Einführungsvideo eingebettet, in dem die Lernenden begrüßt und die Lerninhalte dargestellt werden. Nach Abschluss eines rollenbasierten Kurses wird der Lernende gebeten, erneut an einem Fragebogen teilzunehmen, der dieselben Fragen enthält. Dies ermöglicht eine Einschätzung der vermittelten Kompetenzen durch die Lernenden vor und nach dem Kurs (Vorher-Nachher-Vergleich). Um abschließend sein erlerntes Wissen zu überprüfen, kann der Nutzer abschließend an einem rollengebundenen Abschlusstest teilnehmen, bei dessen Bestehen (>50%) ein AKKORD-Zertifikat ausgestellt wird. Zur Abbildung der Lerninhalte und der Abschlussquizze wird dazu die Plugin-Lösung H5P in die Plattform integriert.
Neben dem Lernbereich bietet das Konzept der Serviceplattform noch weitere Funktionen, wie beispielsweise einen Kollaborationsbereich, in dem sich die Lernenden untereinander, aber auch mit Experten, austauschen können. Weitere Bestandteile der Plattform sollen Best Practice-Vorgehensweisen der Akkord-Anwendungspartner sein, die als Leitfaden und Orientierung dienen sollen. Dies ist von besonderer Relevanz, da gerade in KMU Datenanalysevorhaben häufig an dem Start eines solchen Vorhabens scheitern. Im Themenbereich sollen Plattformnutzende zusätzlich über aktuell relevante Themen im Bereich Data Science (wie beispielsweise Big Data, Data Mining, etc.) informiert werden. In Abb. 7.1 wird das Grundkonzept der Work&Learn-Plattform noch einmal dargestellt. Im Kap. 13 werden dazu ausführlichere Informationen zur Konzeptionierung des Wissensdienstes und zu den einzelnen Bereichen zur Verfügung gestellt.

7.4 Entwicklung und Implementierung im Bereich „Kompetenzen und Handlungsempfehlungen“

Um die Kompetenzen im Bereich der industriellen Datenanalyse im Rahmen der Work&Learn-Plattform zu erfassen, werden verschiedene Methoden angewendet. Hierzu wird zunächst ein digitaler Fragebogen entwickelt, der an unsere Projektpartner sowie externe Unternehmen gerichtet ist, um die vorhandenen Kompetenzen der Mitarbeitenden in der industriellen Datenanalyse präzise zu erfassen und Feedback von den Unternehmen einzuholen. Darüber hinaus soll der Erhebungsbogen auch die Identifizierung von notwendigem Wissen ermöglichen, das noch aufgebaut werden muss. Konkrete Kompetenzen, die im Fragebogen erfasst werden können, umfassen beispielsweise Kenntnisse in statistischer Datenanalyse, Maschinellem Lernen, Datenvisualisierung oder Datenbankmanagement. Dies ermöglicht eine fundierte Analyse der Kompetenzniveaus des Personals und dient als Grundlage für gezielte Schulungsmaßnahmen in der Work&Learn-Plattform.
Zusätzlich wird ein Screening relevanter Stellenanzeigen zum Thema Data Science durchgeführt, um daraus eine rangierte Anforderungsliste der notwendigen Kompetenzen zu erstellen. Dabei wurden verschiedene Kompetenzbereiche berücksichtigt, wie beispielsweise der Einsatz von Software (z. B. RapidMiner), Fachkompetenz (z. B. Prozessverständnis der Fertigung) sowie soziale Kompetenzen (z. B. Teamfähigkeit). Um die gewonnenen Erkenntnisse zusammenzuführen und daraus konkrete Kompetenzanforderungen abzuleiten, ist es ratsam, die Anforderungen mit den Vorgehensmodellen des Knowledge Discovery in Databases (KDD) nach Fayyad et. al. (1996, S. 40 ff.) und des Cross-Industry Standard Process for Data Mining (CRISP-DM) nach Chapman et al. (2000, S. 13 f.) zu verknüpfen. Diese Vorgehensmodelle wurden bereits in Kap. 3 näher erläutert. Auf diese Weise konnten Kompetenzprofile (Rollen) und entsprechende Lerninhalte generiert werden, die auf die Bedürfnisse von KMU zugeschnitten sind (siehe Abb. 7.2). Durch die Anwendung der beschriebenen Methoden, wie dem Einsatz von Fragebögen oder dem Screening von Stellenanzeigen, können die Instrumente zur Erfassung der notwendigen Kompetenzen für Mitarbeiter und entsprechende Lerninhalte zur Aus- und Weiterbildung abgeleitet werden.
Anhand der erfassten Anforderungen an zu entwickelnde und zu erfassende Kompetenzen wird zunächst ein Basiskurs entwickelt, der auf dem KDD-Ansatz (Knowledge Discovery in Databases) aufbaut, um ein breites Grundlagenwissen zu vermitteln. Ein Zusatzkurs mit weiteren Lektionen ergänzt den Basiskurs und behandelt Themen wie KPIs (Key Performance Indicators), Geschäftsmodelle und Datensicherheit. Aufgrund seines industriellen Bezugs wird das CRISP-DM Modell als Grundlage für den Advancedkurs genutzt, der einen starken Anwendungsbezug durch die Vermittlung von Wissen zu unterschiedlichen Tools gewährleisten soll. Zusätzlich wird eine Best Practice-Lektion mit einem fiktiven Unternehmen und typischen datenanalytischen Fragestellungen konzipiert, um den Nutzenden die Möglichkeit zu geben, eigenständig zu trainieren und ihr Wissen zu vertiefen. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) gelegt, für die fünf verschiedene Kompetenzrollen und Kurspfade definiert werden: Data Engineer, Data Analyst/Scientist, Projektmanager, Domänenexperte und Geschäftsführung. Dabei orientiert sich das Rollenkonzept an der Prozesskette von industrieller Datenanalyse (Schwenken et al., 2023, S. 84 f.). Durch die Kombination von Basiskurs, Zusatzkurs, Advancedkurs und Best Practice-Übungen sowie unter Berücksichtigung der verschiedenen Kompetenzrollen und Kurspfade wird ein ganzheitliches und praxisnahes Schulungsprogramm im Bereich Datenanalyse und -management für KMU bereitgestellt (Abb. 7.3).

7.5 Validierung und Optimierung

Nach der Konzeptionierung, Entwicklung, Implementierung und Pilotierung des Leistungsbereiches „Kompetenzen und Handlungsempfehlungen“ erfolgt eine konzeptuell methodische sowie technisch funktionale Validierung. Hierfür werden die identifizierten Anforderungsbereiche und Kompetenzen in konkrete und messbare Kompetenzdefinitionen und -bereiche überführt, um entsprechende, technologiebasierte Lernmodule zur industriellen Datenanalyse zu erstellen und als Angebot auf einer modularen und erweiterbaren Work&Learn-Plattform für die Nutzenden bereitzustellen. Um sicherzustellen, dass die entwickelten Lösungen einen praxisorientierten Mehrwert für die Lernenden bieten, werden alle 40 Anforderungen (darunter 7 nicht funktionale und 33 funktionale) des Lasten- und Pflichtenheftes im Rahmen der Ergebnisauswertung iterativ validiert. Eine gängige konzeptionell-methodische Validierungsmaßnahme ist die Inhaltsvalidierung. Hierbei wird überprüft, ob z. B. der Inhalt einer Testaufgabe oder einer Messmethode tatsächlich das misst, was gemessen werden soll (Rammstedt, 2010, S. 239 ff). In unserem Fall erfolgt eine Überprüfung der Kurs- und Testaufgabeninhalte durch interne und externe Experten, um sicherzustellen, dass der relevante Lerninhalt angemessen abgedeckt wird. Zur Überprüfung der umgesetzten Serviceplattform (Wissensdienst) werden auch technisch-funktionale Beurteilungsmaßnahmen (Albers et al., 2016, S. 541 ff.) angewendet, bei der Testnutzer Accounts erhalten, um die einzelnen Funktionen der Plattform ausgiebig zu testen: Hierbei soll sichergestellt werden, dass die Plattform mindestens alle funktionalen Anforderungen nach dem Pflichtenheft erfüllt. Die Testprobanden erhalten während der Durchführung spezielle Anleitungen und Aufgaben, um alle möglichen Funktionen der Plattform zu testen, beispielsweise die Teilnahme an Online-Kursen, die Interaktion mit anderen Nutzern, das Stöbern in den Magazinbeiträgen, die Verwendung von Tools zur Bewertung und Überprüfung des Lernfortschritts. Durch einen verlinkten digitalen Fragebogen auf der Work&Learn-Plattform werden die Probanden nach der Testung aufgefordert, Rückmeldung zum gesamten Funktionsumfang (u. a. Benutzerfreundlichkeit, Lerninhalte, Magazinbeiträge, Kollaborationsmöglichkeit, usw.) zu geben. Im Anschluss kann das gesammelte Feedback automatisiert ausgewertet werden, um mögliche Schwachstellen und Verbesserungspotenziale zu identifizieren (Abb. 7.4).

7.6 Zusammenfassung

Viele kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland sind derzeit nicht in der Lage, das Potenzial und die Möglichkeiten, die die industrielle Datenanalyse bietet, in ihrer Gänze auszuschöpfen. Dies führt zu einem Versäumnis der Wahrnehmung der Chancen, an innovativen Geschäftsmodellen und Kollaborationen in Wertschöpfungsnetzwerken und der datengestützten Optimierung von Produkten und Prozessen zu partizipieren. Den KMUs mangelt es besonders an den erforderlichen Kompetenzen und Einführungsstrategien. Um eine Möglichkeit zur Unterstützung und zur Deckung des Bedarfs für KMU zu schaffen, wird eine ganzheitliche und kostenlose Serviceplattform entwickelt, die bisher einzigartig ist. Dazu werden nach der Darlegung der Einführung und Motivation die Anforderungen an den Kompetenzaufbau und die -sicherung in Wertschöpfungsnetzwerken analysiert und definiert. Im Ergebnis werden drei Anforderungsbereiche: Allgemeine Anforderungen, Microkurse und Anwenderunterstützung fokussiert, die insgesamt 40 Kriterien beinhalten (z. B. Datenschutz, intuitive Bedienung, verschiedene Kurse, etc.) und in einem Lasten- und Pflichtenheft gebündelt. Im nächsten Abschnitt erfolgt die Konzeption des Bereichs „Kompetenzen und Handlungsempfehlungen“ im Referenzbaukasten, der technische und inhaltliche Perspektiven umfasst. Die technische Seite wird in Zusammenarbeit mit dem Projektpartner Neocosmo umgesetzt, während die inhaltliche Konzeption von Lernkursen, Tests oder Themenbeiträgen vom Lehrstuhl für Berufspädagogik in den technischen Fächern der Uni Hamburg übernommen wird. Der nächste Abschnitt beschäftigt sich mit der Erfassung der notwendigen Kompetenzen der Lernenden und der Entwicklung der Kompetenzmessinstrumente in Form von Fragebögen und Testaufgaben durch den integrierten H5P-Funktionsbaustein. Auch die Entwicklung der einzelnen Kurse und Lektionen sowie die Umsetzung eines Wissensdienstes als Serviceplattform finden in diesem Kapitel statt. Die Inhalte der Serviceplattform sind dabei so gestaltet, dass sie von anderen Unternehmen generisch verwendet werden können. Schließlich werden die als Mockup entwickelten Kurse, Tests, Beiträge und Kompetenzmessinstrumente in die Umgebung der Work&Learn-Plattform integriert, dort getestet und in iterativen Prozessschritten angepasst. Nach der Konzipierung und Entwicklung des Bereiches „Kompetenzen und Handlungsempfehlungen“ erfolgt die Validierungsphase aus methodisch-inhaltlicher und technisch-funktionaler Perspektive, bei der gegenwärtige und zukünftige Optimierungspotenziale ermittelt werden. Hier ist es notwendig, verstärkt mit externen KMU zu pilotieren, um noch spezifischer deren Anforderungen erfassen und umsetzen zu können. Dazu könnten beispielsweise KI-gestützte Bots verwendet werden, die Handlungsempfehlungen im Kontext der individuellen Datenanalyse ermöglichen. Auch der Einsatz von stärkeren Gamification-Ansätzen spielt bei der zukünftigen Weiterentwicklung unter Berücksichtigung der technischen Umsetzbarkeit eine tragende Rolle, da dadurch die Motivation und Produktivität der Lernenden im Lern- und Arbeitsprozess entscheidend gefördert werden können.
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Titel
Kompetenzentwicklung und -sicherung in der industriellen Datenanalyse von Wertschöpfungsnetzwerken
verfasst von
Christopher Klupak
Felix Walker
Volker Zimmermann
Rebekka Adams
Copyright-Jahr
2024
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-42779-5_7

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