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Erschienen in: Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft 7-8/2023

Open Access 10.05.2023 | Originalbeitrag

Hochauflösende numerische Grundlagenuntersuchungen als Basis für ein verbessertes Prozessverständnis von Schwebstoff- und Geschiebetransport

verfasst von: Ass.-Prof. PD DI Dr. Michael Tritthart, DI Dr. Daniel Wildt, MSc, Sencer Yücesan, MSc, PD DI Dr. Christoph Hauer, Univ.-Prof. DI Dr. Helmut Habersack

Erschienen in: Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft | Ausgabe 7-8/2023

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Zusammenfassung

In dieser Arbeit werden zwei numerische Grundlagenuntersuchungen vorgestellt, die das Prozessverständnis von Schwebstoff- und Geschiebetransport erweitern. Die Modellierungen werden mittels der hochauflösenden Large-Eddy-Simulation durchgeführt. Im Fall des Schwebstofftransports werden die ersten Sekunden nach der Verklappung von Feinsediment simuliert und die Geschwindigkeiten der Partikel in der Schwebstoffwolke im Vergleich zur Fließgeschwindigkeit analysiert. Es zeigt sich, dass der Schwebstoff bereits nach wenigen Sekunden keine nennenswerten Geschwindigkeitsunterschiede zur Strömungsgeschwindigkeit in Hauptströmungsrichtung mehr aufweist und somit eine Modellierung mithilfe einer Advektions-Diffusions-Gleichung ab diesem Zeitpunkt zulässig ist. Hinsichtlich des Geschiebetransports werden die Einwirkungen von turbulenten kohärenten Strukturen auf die Geschiebekörner untersucht. Hierbei wird deutlich, dass insbesondere asymmetrische turbulente Strukturen in der Größe der Körner die Druckverteilung und das Verhältnis von Strömungswiderstands- zu Auftriebsbeiwerten so zu ändern vermögen, dass eine Bewegung des Geschiebes eintreten kann. Diese Erkenntnisse werden es zukünftig erlauben, Geschiebetransportmodelle mithilfe hydromechanischer Ansätze zu verbessern.
Hinweise

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

1 Einleitung

In jüngerer Zeit verlagert sich der Fokus von numerischen Modellierungen im Rahmen wasserbaulicher Fragestellungen von der historisch dominierenden Klarwassersimulation zunehmend hin zu einer Berücksichtigung des Sedimenttransports (Tritthart 2012). Diese Modellierungen sind jedoch zumeist nicht ohne Herausforderungen durchführbar. Zum einen setzen sie das Vorhandensein wesentlich umfangreicherer Datensätze voraus, da neben der Gewässergeometrie und Informationen zu den vorliegenden Rauigkeiten sowie Daten zur Modellkalibrierung und -validierung (z. B. Wasserspiegellagen und Fließgeschwindigkeiten) für eine erfolgreiche Sedimenttransportmodellierung auch Daten zu Schwebstoff und Geschiebe im Gewässer vorliegen müssen. Zum anderen ist der Kalibrierungsvorgang von Sedimenttransportmodellen oft deutlich aufwendiger, weil verschiedene Parameter in den zugrunde liegenden Modellansätzen zeitgleich optimiert werden müssen, was erhöhte Anforderungen an die Kenntnisse und Erfahrung des Bearbeiters stellt. Daher werden Sedimenttransportmodelle mitunter mit Standardwerten und ohne jegliche Kalibrierung betrieben, was jedoch zu Ergebnissen führen kann, die entweder einer Plausibilitätsprüfung nicht standhalten, physikalisch nicht oder nur schwer erklärbar sind oder zumindest eine Validierung mit einem unabhängigen Datensatz nicht bestehen würden.
Dies liegt daran, dass keine allgemeingültigen Formeln zur Berechnung des Schwebstoff- und Geschiebetransports existieren. Während für den Schwebstofftransport zumindest Differentialgleichungen zur physikalischen Prozessbeschreibung vorliegen (vgl. Tritthart et al. 2012) – die allerdings auch empirische Terme oder Konstanten beinhalten, beispielsweise für den Austausch von Material mit der Sohle (z. B. van Rijn 1984; Garcia und Parker 1991) oder die diffusive Komponente des Transports –, gibt es im Fall des Geschiebetransports in der Praxis lediglich rein empirisch abgeleitete Formeln, die eine große Bandbreite möglicher Ergebnisse zulassen. Zahlreiche dieser Formeln wurden in skalierten Modellversuchen abgeleitet (z. B. Meyer-Peter und Müller 1948), wobei jedoch insbesondere Turbulenzeffekte nicht skalierbar sind. Diese Prozesse haben allerdings beispielsweise für den Bewegungsbeginn von Geschiebekörnern eine große Bedeutung (Yücesan et al. 2022).
Hochauflösende numerische Modelle haben das Potenzial, Licht in die beim Sedimenttransport tatsächlich stattfindenden Prozesse zu bringen. Mit deren Hilfe können Ansätze entwickelt werden, die in weniger stark aufgelösten Modellen auf der Skalenebene von Gewässerabschnitten eine verbesserte Vorhersage von Sedimenttransportprozessen und letztlich der Morphodynamik ermöglichen. Diese Arbeit zeigt neue Erkenntnisse aus der hochauflösenden numerischen Modellierung, die sich für die größere Skalenebene nutzen lassen, anhand von zwei Forschungsarbeiten: (i) Absetzvorgang einer Schwebstoffwolke; (ii) Bewegungsbeginn eines Geschiebekorns. Im Anschluss wird erörtert, wie zukünftig Modelle mit diesen Ergebnissen verbessert werden können.

2 Methoden

Die hier gezeigten Forschungsergebnisse wurden mittels Large-Eddy-Simulation (LES) erzielt. Hierbei werden die fundamentalen Strömungsgleichungen – die dreidimensionalen Navier-Stokes-Gleichungen – so modifiziert, dass alle turbulenten Wirbel, die kleiner als die Gitterweite des Rechennetzes sind, herausgefiltert werden. Wirbelstrukturen größer als diese Gitterweite können direkt modelliert werden, für alle kleineren Wirbel wird ein eigener Modellansatz eingeführt (Pope 2000). Die Rechennetze werden sehr fein aufgelöst und liegen daher auch im Fall der hier vorgestellten Modellierungen im Bereich von mehreren Millionen Zellen, weshalb die Verwendung eines Computer-Clusters für diese Art von Berechnungen praktisch unerlässlich ist; im gegenständlichen Fall wurde der Vienna Scientific Cluster (VSC) herangezogen. Für eine detailliertere Beschreibung der LES-Modellierungstechnik sei auf Tritthart et al. (2019a) verwiesen.
Für alle in dieser Arbeit beschriebenen numerischen Versuche wurde ein Ausschnitt einer Strömungsrinne (simulierte Glasrinne) mit 1,50 m Länge (x-Koordinatenrichtung), 0,30 m Breite (y-Koordinatenrichtung) und einer Fließtiefe (z-Koordinatenrichtung) von 0,17 m verwendet. Über eine Druckrandbedingung wurde eine mittlere Fließgeschwindigkeit von 0,50 m/s eingestellt. Um eine ausreichend lange Vorlaufstrecke sicherzustellen, sodass bereits zu Beginn der untersuchten Gerinnestrecke eine vollständig ausgebildete turbulente Strömung vorliegt, wurde eine sogenannte „Precursor-Simulation“ eingesetzt. Diese erzeugt zunächst über einen Zufallsgenerator am Zuflussrand Turbulenzen, da sich ohne äußere Störungen bei perfekter Geometrie keine turbulenten Wirbel bilden könnten. Darüber hinaus wird das Strömungsfeld vom unteren Modellrand an den oberen in einem Zyklus geführt und knapp vor dem unteren Modellrand über eine Spiegelebene an den eigentlichen Berechnungskanal übertragen, der dadurch entsprechend kürzer ausfallen kann, was die Berechnungszeiten erheblich reduziert. Die Berechnungen wurden mit der quelloffenen Software OpenFOAM (Open Source Field Operation and Manipulation; Weller et al. 1998) durchgeführt.
Numerische Berechnungen wie die beschriebene Large-Eddy-Simulation sind Vertreter einer Eulerschen Betrachtungsweise. Dabei werden die Strömungsgleichungen auf einem ortsfesten Rechengitter gelöst, und man erhält an jedem Punkt für jeden Zeitschritt Geschwindigkeiten, Drücke und turbulente Größen. Für die Untersuchungen zum Schwebstofftransport wurde ein sogenanntes Lagrangesches Verfahren mit der LES-Simulation gekoppelt. Hierbei werden (virtuelle) Partikel entlang ihres Weges beobachtet, um deren Bahnlinien zu erhalten und diese in weiterer Folge auswerten zu können. Darüber hinaus wird durch diese Koppelung der Impulsaustausch zwischen Feststoffteilchen und Wasser berücksichtigt.

3 Schwebstofftransport

Großskalige Schwebstofftransportprozesse in Fließgewässern werden im Allgemeinen recht gut verstanden und lassen sich auch gut modellieren (z. B. Tritthart et al. 2019b). An die Grenzen der vereinfachten 2D- oder 3D-Modellierung stößt man jedoch, wenn der unmittelbare Prozess einer Sedimentzugabe über die Gewässeroberfläche simuliert werden soll, wie beispielsweise bei einer Verklappung von Feinmaterial (z. B. Haimann et al. 2018). In diesem Fall muss das Sediment erst beschleunigt werden, bevor es mit dem Wasser transportiert werden kann. Im selben Zeitraum findet der Absinkprozess statt, und die zu untersuchende Fragestellung ist daher, ab welchem Zeitpunkt nach der Sedimentzugabe der Schwebstoff so modelliert werden kann, dass er mit der Strömung transportiert wird, wie es in der Regel in numerischen Modellen der Fall ist.
Für das numerische Experiment zum Schwebstofftransport wurden knapp 7000 Sedimentpartikel mit gleichförmig verteilten Korngrößen zwischen 0,07 und 0,71 mm und einer Dichte von 2650 kg/m3 von oben am Beginn der Versuchsrinne zugegeben (Wildt et al. 2022). Die simulierten Sinkgeschwindigkeiten der Partikel über die Modellierungszeit sind in Abb. 1 visualisiert. Es lässt sich deutlich erkennen, dass die Geschwindigkeiten zunächst unabhängig von der Korngröße zunehmen, ca. 1 s nach Versuchsbeginn ein Maximum erreichen und im Anschluss wieder zurückgehen. Die Sinkgeschwindigkeiten streben dann jeweils einem Grenzwert zu, der von der Partikelgröße abhängig ist. Diese Erkenntnisse erlauben einen ersten Schluss auf die stattfindenden Prozesse zu ziehen: Zunächst werden die Partikel durch die Gravitation vertikal beschleunigt, gleichzeitig erfolgt die horizontale Beschleunigung durch die Strömung. Die Sinkgeschwindigkeit wird nach dem Abschluss einer Beschleunigungsphase durch turbulente Prozesse wieder reduziert. Demzufolge wäre die Beschleunigungsphase nach wenigen Sekunden bereits abgeschlossen.
Eine genauere Interpretation der Prozesse ermöglicht Abb. 2, in der die Geschwindigkeitsdifferenzen zwischen dem strömenden Wasser und dem Mittel der Sedimentpartikel dargestellt sind. Dabei ist erkennbar, dass nach etwa 1,6 s kein Unterschied zwischen der Strömungsgeschwindigkeit und der Längstransportgeschwindigkeit der Partikel mehr gegeben ist; die Beschleunigungsphase ist also abgeschlossen. Bereits nach einer Sekunde ist die Differenz schon sehr gering. In vertikaler Richtung wird sehr schnell ein Maximum erreicht, bevor der zuvor geschilderte Rückgang der Geschwindigkeitsdifferenzen einsetzt. Eine völlige Angleichung ist in dieser Koordinatenrichtung naturgemäß nicht zu erwarten, da die Partikel mit ihrer größeren Dichte als Wasser jedenfalls einen Sinkprozess durchlaufen.
Einen Gesamtüberblick über den stattfindenden Sedimenttransportprozess erlaubt Abb. 3. In der Grafik ist das turbulente Strömungsfeld erkennbar, das entsprechend zeitlich variabel ist. Zu jedem Zeitpunkt ist die Position der Schwebstoffwolke erkennbar. Nach ca. 1,6 s erreichen erste Partikel den Boden des Modells und wurden dabei knapp einen Meter weit transportiert. Zu diesem Zeitpunkt sind einige Partikel kleinerer Korngrößen noch nahe der Oberfläche zu finden, während der Schwerpunkt der Wolke sich bereits im unteren Drittel des Kanals befindet.
Basierend auf diesen Erkenntnissen und weiterführenden Auswertungen schlagen Wildt et al. (2022) folgende Einteilung in Prozessphasen vor:
  • Beschleunigungsphase: Das Sediment wird in Längs- und Vertikalrichtung beschleunigt. Dabei weitet sich die Sedimentwolke auf.
  • Transportphase: Nach ca. 0,4 s liegt der Unterschied zwischen der Strömungsgeschwindigkeit und der Transportgeschwindigkeit der Schwebstoffpartikel im Bereich der turbulenten Fluktuationen. Ab dann erfolgt der Transport mit dem Wasser und es sind nur mehr geringe Beschleunigungseffekte zu erwarten.
  • Depositionsphase: Nach ca. 1,6 s haben die Partikel im Mittel die Geschwindigkeit der Strömung erreicht. Außerdem beginnen sich (bei der vorliegenden Versuchsgeometrie) erste Partikel an der Sohle abzusetzen.
Es ist daher davon auszugehen, dass spätestens ab Erreichen der letzten Phase (somit 1 bis 2 s nach Sedimentzugabe) die Modellierung des Schwebstoffs mithilfe der gängigen Advektions-Diffusions-Modelle zulässig ist.

4 Geschiebetransport

Wie in der Einleitung dargelegt, wurden viele der heute gängigen Geschiebetransportformeln auf Basis von Versuchen in Versuchsgerinnen abgeleitet. Turbulenzprozesse sind jedoch nicht skalierbar und es ist daher fraglich, ob die im Versuch auftretenden Turbulenzwirbel, die den Bewegungsprozess von Geschiebepartikeln initiieren, auch in der Natur in gleicher Weise zu finden sind. Daher ist ein näherer Einblick in die fundamentalen Prozesse des Transportbeginns unerlässlich, wozu wiederum hochaufgelöste Modelle beitragen können.
Im vorgestellten numerischen Versuch wurde untersucht, welche Form und Größe Turbulenzwirbel besitzen, die einen so starken Impuls auf ein Sedimentpartikel ausüben, dass sich dieses zu bewegen beginnt. Dazu wurde ein natürlicher Stein herangezogen, welcher in seinen Ausmaßen der mittleren Korngröße des Donausediments östlich von Wien entspricht (D = 26 mm). Die Form des Steins ist näherungsweise kugelförmig, allerdings entlang einer Achse etwas abgeplattet. Dies ist in Abb. 4 dargestellt, worin auch die generelle Versuchskonfiguration innerhalb des Kanals und der Strömungsschatten sowie Wirbelstrukturen hinter dem Partikel erkennbar sind.
Vor der numerischen Untersuchung wurde der Versuch experimentell im Labor unter Verwendung von zeitlich und räumlich hochauflösender Messtechnik (3D Particle Tracking Velocimetry, PTV) durchgeführt (Sindelar et al. 2023, in diesem Heft). Messergebnisse aus diesem Experiment wurden zur Validierung der numerischen Ergebnisse herangezogen.
Aus Abb. 5 sind zeitliche Mittelwerte der Stromlinien um das Sedimentpartikel in zwei Schnitten ersichtlich. Bedingt durch die Form des Steins entsteht in Längsrichtung ein größerer Wirbel im Strömungsschatten, der mit dem in Abb. 4 blau dargestellten Bereich korrespondiert. In der Draufsicht können zwei gegenläufige Wirbel erkannt werden, die aufgrund einer leichten Asymmetrie des Korns ihrerseits nicht völlig symmetrisch ausgebildet sind. Die hier sichtbaren Wirbel beeinflussen zwar das Kräftegleichgewicht des Partikels, sind aber nicht ursächlich für den eigentlichen Bewegungsbeginn. Wie eine Impulsanalyse (Yücesan et al. 2022) gezeigt hat, ist die Bewegung von turbulenten kohärenten Strukturen nahe dem Partikel für den Beginn der Geschiebebewegung verantwortlich.
Dies ist in Abb. 6 dargestellt. Im oberen Teil (Abb. 6a) ist ein Turbulenzwirbel dargestellt, der aufgrund seiner Form als „hairpin-vortex“ (übersetzt etwa „Haarnadel-Wirbel“) bezeichnet wird. Die Wirbelstruktur ist in diesem Fall symmetrisch und weist entlang der Normalrichtung zur Sohle eine Größe von etwa 330 δ auf, worin δ die Dicke der viskosen Unterschicht ist. Zum Vergleich: die Größe des Sedimentpartikels beträgt ungefähr 550 δ. Durch das Vorüberziehen dieses Wirbels am Sedimentkorn erhöht sich der Strömungswiderstandsbeiwert um ca. 13 %, während sich der Auftriebsbeiwert in vergleichbarer Größe um ca. 15 % erhöht. Aus diesem Grund bleibt das Verhältnis zwischen Widerstands- und Auftriebsbeiwert praktisch unverändert. Allerdings ändert sich das Druckfeld rund um das Korn durch den nahen Turbulenzwirbel sehr stark, was einen Impuls auf den Stein bewirkt.
In Abb. 6b ist ein asymmetrischer „hairpin-vortex“ zu sehen, der mit 540 δ ungefähr die Größe des Sedimentkorns hat, und der sich über seine Oberseite erstreckt. Die Druckdifferenzen sind hierbei noch größer, wodurch der resultierende Impuls ebenfalls entsprechend erhöht ist. In diesem Fall erhöht sich der Auftriebsbeiwert stärker als der Strömungswiderstandsbeiwert, wodurch das Verhältnis von Auftriebs- zu Widerstandsbeiwert um etwa 33 % – verglichen zu seinem Ausgangswert – ansteigt. Die Erhöhung dieses Verhältnisses bei gleichzeitiger Steigerung des Impulses gibt Anlass zur Annahme, dass insbesondere asymmetrische kohärente Strukturen der Turbulenz in der Größe der Sedimentpartikel deren Bewegung initiieren.

5 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Im vorliegenden Beitrag wurden zwei mit hochauflösenden Large-Eddy-Simulationen durchgeführte Grundlagenuntersuchungen vorgestellt, die neue Erkenntnisse zur Mechanik des Schwebstoff- und Geschiebetransports liefern. Aus der Untersuchung zum Schwebstofftransport lässt sich folgern, dass die Beschleunigung von verklapptem Sediment auf die Geschwindigkeit des Wassers innerhalb weniger Sekunden erfolgt und somit die gängigen Modellansätze zur Erfassung des Transports bereits nach dieser kurzen Anfangsphase als gültig angesehen werden können. Da bei Fließgewässern die Tiefe im Regelfall deutlich größer ist als in den durchgeführten Versuchen, kann davon ausgegangen werden, dass sich ein großer Teil des Sediments zu diesem Zeitpunkt noch nicht an der Sohle abgesetzt hat. Dadurch kann eine Anfangsbedingung für die Modellierung von verklapptem Sediment als Schwebstoffwolke in der Wassersäule formuliert werden.
Die durchgeführte Untersuchung zum Geschiebetransport zeigt, dass die auf Geschiebekörner wirkenden Kräfte und somit deren Bewegungsbeginn stark von der Art und insbesondere der Größe der einwirkenden turbulenten kohärenten Strukturen abhängig ist. Dies ist eine wichtige Erkenntnis, um ein auf Prinzipien der Hydromechanik basierendes Bewegungsmodell aufstellen zu können. Hier ist die Forschung aber derzeit noch nicht so weit, um direkt eine verbesserte Geschiebetransportformel aus diesen Ergebnissen ableiten zu können. In dreidimensionalen Hydrodynamikmodellen, die auf der Reynolds-Mittelung der Navier-Stokes Gleichungen basieren, werden aber immerhin die turbulente kinetische Energie und deren Änderungsrate mit der Zeit (Dissipation) errechnet und aus deren Kombination die Wirbelviskosität ermittelt. Ein naheliegender nächster Schritt ist daher, diese Größen mit den kohärenten Strukturen aus hochauflösenden Modellen zu korrelieren und auf diese Weise eine Formulierung des Bewegungsbeginns – der zentral in allen Geschiebetransportformeln vorkommt – zu finden, die anstelle der derzeit gängigen Sohlschubspannung andere Variablen des Strömungsmodells verwenden kann. Wie einleitend bereits angedeutet, spielen jedoch auch Naturmessungen und unskalierte bzw. großmaßstäbliche Modellversuche hierbei weiterhin eine wichtige Rolle, um in Kombination mit den numerischen Modellen den Erkenntnisgewinn noch weiter zu vergrößern und letztlich auch für die Praxis taugliche Geschiebetransportformeln abzuleiten.

Danksagung

Die dieser Arbeit zu Grunde liegenden Forschungen wurden im Rahmen des Christian Doppler Labors für Sedimentforschung und -management durch die Christian Doppler Forschungsgesellschaft finanziert. Wir bedanken uns weiters für die finanzielle Unterstützung durch das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und die Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Literatur
Zurück zum Zitat Meyer-Peter, E., Müller, R. (1948): Formulas for bed-load transport. Proc. 2nd IAHR Congress, Stockholm, 39–64. Meyer-Peter, E., Müller, R. (1948): Formulas for bed-load transport. Proc. 2nd IAHR Congress, Stockholm, 39–64.
Zurück zum Zitat Sindelar, C., Schobesberger, J., Gold, T., Reiterer, K., Worf, D., Hauer, C., Habersack, H. (2023): Bewegung eines Einzelkorns unter dem Einfluss kohärenter Strukturen. Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft, 75 (7–8), in diesem Heft Sindelar, C., Schobesberger, J., Gold, T., Reiterer, K., Worf, D., Hauer, C., Habersack, H. (2023): Bewegung eines Einzelkorns unter dem Einfluss kohärenter Strukturen. Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft, 75 (7–8), in diesem Heft
Zurück zum Zitat Tritthart, M. (2012): Numerical modelling in hydraulic engineering: hydrodynamics, sediment transport and simulation of hydroecosystems. Habilitationsschrift, Universität für Bodenkultur Wien. Tritthart, M. (2012): Numerical modelling in hydraulic engineering: hydrodynamics, sediment transport and simulation of hydroecosystems. Habilitationsschrift, Universität für Bodenkultur Wien.
Zurück zum Zitat Tritthart, M., Glock, K., Yücesan, S., Liedermann, M., Gmeiner, P., Hauer, C., Habersack, H. (2019a): Erfahrungen in der numerischen Sedimenttransportmodellierung auf unterschiedlichen Skalen – von RANS bis LES. Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft, 71, 170–178. https://doi.org/10.1007/s00506-018-0550-0CrossRef Tritthart, M., Glock, K., Yücesan, S., Liedermann, M., Gmeiner, P., Hauer, C., Habersack, H. (2019a): Erfahrungen in der numerischen Sedimenttransportmodellierung auf unterschiedlichen Skalen – von RANS bis LES. Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft, 71, 170–178. https://​doi.​org/​10.​1007/​s00506-018-0550-0CrossRef
Zurück zum Zitat Tritthart, M., Haimann, M., Habersack, H., Hauer, C. (2019b): Spatio-temporal variability of suspended sediments in rivers and ecological implications of reservoir flushing operations. River Research and Applications, 35(7), 918–931. https://doi.org/10.1002/rra.3492CrossRef Tritthart, M., Haimann, M., Habersack, H., Hauer, C. (2019b): Spatio-temporal variability of suspended sediments in rivers and ecological implications of reservoir flushing operations. River Research and Applications, 35(7), 918–931. https://​doi.​org/​10.​1002/​rra.​3492CrossRef
Metadaten
Titel
Hochauflösende numerische Grundlagenuntersuchungen als Basis für ein verbessertes Prozessverständnis von Schwebstoff- und Geschiebetransport
verfasst von
Ass.-Prof. PD DI Dr. Michael Tritthart
DI Dr. Daniel Wildt, MSc
Sencer Yücesan, MSc
PD DI Dr. Christoph Hauer
Univ.-Prof. DI Dr. Helmut Habersack
Publikationsdatum
10.05.2023
Verlag
Springer Vienna
Erschienen in
Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft / Ausgabe 7-8/2023
Print ISSN: 0945-358X
Elektronische ISSN: 1613-7566
DOI
https://doi.org/10.1007/s00506-023-00953-1

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