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14.12.2023 | Klimaschutz | Kommentar | Online-Artikel

COP28 – Nur Abkehr von Fossilen, kein Ausstieg

verfasst von: Frank Urbansky

4:30 Min. Lesedauer

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Die Weltklimakonferenz in Dubai war von Anfang an umstritten. Doch wurde auch viel Hoffnung in sie gesetzt. Denn selbst ölreiche Länder signalisieren einen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Doch es kam alles anders.

Ausstieg aus fossilen Brennstoffen – und das mit einem festen Zeitrahmen. Das alles sollte die COP28 bringen. Und die Zeichen standen auch nicht schlecht. Zu Beginn einigten sich mehrere reiche Länder auf das Füllen eines 10 Milliarden Dollar schweren Klimafonds (Deutschland zahlt 100 Millionen Dollar ein), mit dem ärmere und vom Klimawandel bedrohte Länder ihre Energiewende gestalten und klimabedingte Schäden und Verluste ausgleichen können.

Deutschland will industriellen Klimaklub

Auch nett: ein von Deutschland initiierter internationaler Klimaklub. In ihm sollen geeignete Strategien und Standards für eine kohlenstofffreie Industrie entwickelt werden. Mittlerweile haben sich 36 Länder diesem Klub angeschlossen, um eine Führungsrolle in dieser Initiative zu übernehmen.

Und: Wenn keine fossilen Brennstoffe, dann braucht es Atomkraft. 22 Länder einigten sich auf eine Verdreifachung ihrer Kapazitäten bis 2050. Deutschland als Atom-Aussteigerkind war dazu nicht einmal eingeladen.

Aber das ist alles nur Beiwerk. Ein konkretes Bekenntnis zum Ausstieg aus den fossilen Energien gab es eben nicht. Schon im Vorfeld hatte der Präsident der COP28, Sultan Al Jaber, für Verwirrung gesorgt. In einem später korrigierten Statement sah er keine wissenschaftlich begründete Notwendigkeit für einen Ausstieg. Kein Wunder, ist er doch auch Präsident des staatlichen Ölkonzerns in Abu Dhabi.

Später hieß es, der Scheich sei doch bereit, über einen Ausstieg zu reden. So überraschte Al Jaber nach Beginn der Konferenz mit seinem Optimismus für einen Konsens zum Abschluss und seiner Aussage, dass der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen unvermeidbar sei. Trotz dieser Statements bleiben Zweifel an seiner Integrität. Und die waren im Nachgang mehr als berechtigt.

Im Kern der Konferenzdebatten standen also die Formulierung für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen in der Abschlusserklärung. Diskutiert wurden Begriffe wie Ausstieg, Abkehr, mit Reduzierung und ohne Reduzierung (eher im Zusammenhang mit CO₂-Abscheidung und -Speicherung, also CCS).

Eine weitere Option war, gar nichts zu verabschieden. Einige ölproduzierende Länder wie Saudi-Arabien, unterstützt von Russland und anfangs auch von China, arbeiten an dieser Option und zeigten sich wenig kompromissbereit.

Nur Abkehr statt Ausstieg

Letztlich siegte arabischer Pragmatismus – die Gastgeber wollten wohl schlichtweg nicht als Spielverderber dastehen. Die überarbeitete Formulierung, die letztlich einem Vorschlag des Gastgebers VAE folgte, lautete dann endlich: Abkehr weg von Kohle, Öl und Erdgas als Phase eines Überganges, anstatt Ausstieg oder Abbau. Zudem sind die Länder diesmal nicht nur mit einem Katalog an möglichen Maßnahmen konfrontiert, sondern werden selbst zum konkreten Handeln aufgefordert.

Vielen Dank also für (fast) nichts.

Was auf dem Spiel stand und steht, zeigen die folgenden Zahlen: Bis 2030 müssten die Emissionen bereits drastisch gesenkt werden. Der Weltklimabericht forderte eine Reduzierung um 43 Prozent, um das Temperaturziel von 1,5°C einzuhalten. Das entspricht fast der Hälfte der jährlichen weltweiten Emissionen.

Das bedeutet auch, dass die Verbrennung von Öl und Gas unverzüglich sinken müsste. Technologien wie CCS sind noch nicht marktreif und sollten laut Experten vor 2030 keine wesentliche Rolle spielen. Ohne einen tatsächlichen Rückgang der Verbrennung von Öl, Gas und Kohle wäre diese Reduzierung nicht erreichbar – unabhängig davon, wie viele Bäume gepflanzt oder sonstige Maßnahmen ergriffen würden.

Die EU, die im Namen von Annalena Baerbock auch für Deutschland auf der COP verhandelte, hatte zwar eine klare Position: Im Text müsste ein Ausstieg festgehalten, und Technologien wie CCS sollten nur für die Schwerindustrie wie Zementwerke zugelassen werden. Letztlich wollten über 100 Staaten einen verbindlichen Ausstieg aus der Nutzung von Kohle, Öl und Gas. Doch den gibt es nun nicht.

Deutschland nur noch Klima-Cashcow

Die deutsche Delegation äußerte sich denn auch kritisch über das Vorgehen der Gastgeber. Jochen Flasbarth, der deutsche Verhandler, brachte gegenüber dem SPIEGEL Unzufriedenheit und Sorge über einen möglichen Misserfolg der Konferenz zum Ausdruck. Doch Deutschland nimmt schon längst niemand mehr ernst – siehe Atomkraft-Ausbau. Es wird allenfalls noch als Klima-Cashcow wahrgenommen, die man gut melken kann.

Auch der US-Klimabeauftragte John Kerry und Baerbock äußerten Bedenken. Kerry betonte die Dringlichkeit, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Baerbock bezeichnete den letztlich realisierten Vorschlag der VAE als unzureichend und irreführend – alles umsonst.

Wegen der unterschiedlichen Sicht auf diese Daten und der daraus folgenden Kontroverse überschritt die COP28 ihre geplante Abschlusszeit am Dienstag, 12. Dezember 2023, was allerdings auch nicht das erste Mal war.

Immerhin: Kontinuität, wenn auch in die falsche Richtung, ist angesagt. Die COP29 findet im ölreichen Aserbaidschan statt, ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Oder, wenn man Gutes denken will: Was ist eigentlich der Sinn von Weltklimakonferenzen? Zwar gab es einige positive internationale Übereinkünfte, etwa zu Landnutzung und Biodiversität. Und nun gibt es das Ziel, die globalen Erzeugungskapazitäten von Erneuerbaren bis 2030 zu verdreifachen und die Energieffizienz zu verdoppeln.

Doch ob dafür 94.000 Menschen aus der ganzen Welt mit dem Flugzeug in die Emirate düsen müssen, ist doch arg zu bezweifeln. Immerhin konnten sich dortige Hotels und Fluglinien über ein üppiges Zusatzgeschäft freuen – man will ja nicht neidisch sein.

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