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10.05.2023 | Nutzfahrzeuge | Gastbeitrag | Online-Artikel

Darum ist die Batterieanalyse für Nfz-OEMs so wichtig

verfasst von: Dr. Jonas Böhm

4 Min. Lesedauer

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Hersteller und Betreiber von Nutzfahrzeugen kämpfen mit eingeschränkter Transparenz und mühseliger Wartung von Batterien. Die Lösung: Cloud-gestützte Batterieanalytik für verlässliche Zustandsbeurteilungen ohne Eingriffe in den laufenden Betrieb. 

Die Elektromobilität, insbesondere bei Nutzfahrzeugen, befindet sich weltweit im Aufschwung. Die extreme Skalierung von Elektrofahrzeugen hat große Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle und technischen Abläufe bei Herstellern und Betreibern. Mangelnde Einblicke in den Batteriezustand sind eine zentrale Herausforderung. Daraus können zum Beispiel Komplikationen bei Garantiediskussionen oder dem Ersatzteilmanagement entstehen und die Kosten unnötig in die Höhe treiben. Da die Batterie bis zu 50 % der Gesamtkosten ausmacht, ist es ein entscheidender Hebel, die Abläufe rund um den Service von Batterien zu optimieren. Wie können Hersteller erfolgreich ihren After-Sales-Service für eine elektrifizierte Zukunft transformieren und welche Rolle spielt Batterieanalytik dabei? 

Zentraler Parameter für die Geschäftsprozesse von Fahrzeugherstellern und deren Kunden ist der Batteriezustand oder "State of Health" (SoH). Der SoH gibt Auskunft darüber, wie viel Kapazität (und schließlich Reichweite) die Batterie im Vergleich zur ihrer ursprünglichen Kapazität noch liefern kann. So ist zum Beispiel das Wissen über den Zustand der Batterie entscheidend, um den richtigen Zeitpunkt eines Batteriewechsels zu bestimmen und eine versprochene Reichweite zu gewährleisten. Oft werden Batterien bis zu einer Restkapazität von 80 % regulär betrieben. An diesem Wert orientiert sich daher auch das Garantieversprechen der Hersteller – welches es nachzuweisen gilt. Es gibt allerdings eine Reihe von Komplikationen, die eine zuverlässige und genaue Messung des Batteriezustands erschweren. 

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Keine einheitliche Definition

Trotz seiner Bedeutung gibt es keine einheitliche Definition von SoH. Zum einen gibt es noch keinen großflächig akzeptierten Industriestandard, zum anderen führen aber auch unterschiedliche Kundenspezifikation zu verschiedenen Definitionen. Offen ist zum Beispiel, welche Spannungsfenster zur SoH-Bestimmung zugrunde gelegt werden. Bezieht sich die Garantiedefinition auf den verfügbaren Teil der Batterie, der technisch maximal möglichen Ausnutzung oder auch einfach dem benutzten Teil der Batterie? Hier spielt auch eine Rolle, dass viele Hersteller zusätzliche Leistung über die Zeit freigeben, also das Spannungsfenster ausweiten, um eine gleichbleibende Reichweite zu ermöglichen. Bezieht sich SoH auf ideale Bedingungen (zum Beispiel sehr niedriger Strom, moderate Temperaturen) oder eine durchschnittliche Nutzung? All diese Fragen müssen beantwortet werden, bevor SoH-Werte vergleichbar sind. Ohne eine abgestimmte Definition besteht die Gefahr von Missverständnissen zwischen OEMs und Kunden.

Schlechte Messgenauigkeit und Eingriffe in den regulären Betrieb

Ein weiteres Problem ist die Messgenauigkeit. Die meisten Batteriemanagementsysteme (BMS) liefern eine SoH-Berechnung, dessen Genauigkeit mit zunehmender Alterung und Nutzung der Batterie abnimmt. Denn die zur Berücksichtigung von Alterungseffekten erforderliche Rekalibrierung ist technisch oder betriebsbedingt mit BMS-Algorithmen nicht möglich. Physische Tests können als Alternative zu ungenauen BMS-Signalen verwendet werden. Diese sind jedoch teuer und aufgrund ihrer Sensitivität auf Testbedingungen ebenfalls häufig ungenau.

Die nächste Herausforderung besteht im Aufwand der SoH-Bestimmung. Zuverlässige manuelle Tests des Batteriezustands sind zeit- und kostenaufwendig und führen zu Betriebsunterbrechungen von einigen Tagen. Unter anderem werden für solche Versuche Fahrzeuge komplett leergefahren und während des Ladevorganges gemessen. Das Ergebnis stellt allerdings nur eine Momentaufnahme dar und hilft nicht in der rechtzeitigen Identifikation von problematischen Fahrzeugen. Für einen reibungslosen und skalierbaren Ablauf, ohne die Betriebszeit der Fahrzeuge zu beeinträchtigen, braucht es andere Methoden. 

Software zur genauen und zuverlässigen SoH-Bestimmung

Cloud-basierte Batterieanalytik ermöglicht es, zuverlässig, genau und kontinuierlich den Batteriezustand zu überwachen und bei Abweichungen rechtzeitig reagieren zu können. Hersteller können SoH-Definitionen anlegen, die auf ihre spezifischen Anforderungen zugeschnitten und abgestimmt sind. Die Software liefert dann kontinuierlich aktualisierte Batteriezustandsinformationen, die für wichtige Entscheidungen im Kundenservice und für die Serviceprozesse genutzt werden können. Diese Art der SoH-Bestimmung bietet diverse Vorteile: Die Lebenszeit der Batterien kann maximal ausgenutzt werden, weil Batterien erst nach Bedarf ausgetauscht werden müssen. Gleichzeitig werden potenzielle Garantieprobleme frühzeitig erkannt und bedenkliche Batterien können  · substituiert werden. 

Eine wichtige Herausforderung dabei ist die genaue Bestimmung, die Bereinigung der Felddaten, aus denen der SoH berechnet wird. Da Batterien aus E-Fahrzeugen dynamischen und unkontrollierten Nutzungsprofilen ausgesetzt sind, müssen Messwerte wie die Spannung oder Temperaturen aus der Batterie normalisiert werden, um den tatsächlichen Batteriezustand bestimmen zu können. Dazu braucht es anspruchsvolle Modelle und Algorithmen, die auch mit unregelmäßigen Felddaten umgehen können, und trotzdem genaue Ergebnisse erzielen.

Gewaltige Einsparpotenziale für Hersteller und Betreiber 

Ungenaue oder unklare SoH-Messungen führen zu unnötigen Kosten und Aufwänden. So bedeutet ein vorzeitiger Batteriewechsel, dass ein hunderttausende Euro teures Bauteil nicht maximal ausgenutzt wird. Bei der Betrachtung größerer Flotten wird deutlich, dass es hier um Millionen Euro an Kostenvermeidungspotentialen geht. Allein die Durchführung der klassischen Fahrzeugüberprüfungen haben bei Kunden zu mindestens 6.000 Euro Kosten pro Fahrzeug geführt. Batterieanalytik kann hier Abhilfe schaffen und die Kosten für Hersteller und Betreiber gleichermaßen reduzieren.

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