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2024 | OriginalPaper | Buchkapitel

6. Wechselwegnahme und Euklidischer Algorithmus

verfasst von : Jochen Ziegenbalg

Erschienen in: Figurierte Zahlen

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Zusammenfassung

Das Verfahren der Wechselwegnahme geht auf Mathematiker der griechischen Antike zurück (Eudoxos, Theaitetos, Euklid, ...). Dabei geht es im weitesten Sinne um den Vergleich von Strecken. Der Größenvergleich zweier Strecken ist zunächst sehr einfach: Man muss die Strecken nur nebeneinander legen. Sehr bald ergeben sich Fragen der Art: Geht die kürzere Strecke bei mehrfachem Abtragen ganz in der längeren auf bzw. gibt es eine Vergleichsstrecke g, die in den beiden Ausgangsstrecken „aufgeht“, mit der sich die Ausgangsstrecken a und b also „ausmessen“ lassen? Besitzen die Strecken a und b ein solches gemeinsames Maß, so sagt man auch a und b sind kommensurabel, andernfalls inkommensurabel. Die Vorstellung, dass es zu zwei beliebigen Ausgangsstrecken a und b immer ein gemeinsames Maß geben muss, ist zunächst sehr naheliegend. Basierend auf vielen Beobachtungen in den Bereichen Zahlenmystik, Astronomie (Sphärenharmonie) und vor allem auch in der Harmonielehre der Musik vertrat Pythagoras die Auffassung „Alles ist Zahl“. Dabei war bei Pythagoras mit „Zahl“ das gemeint, was wir heute als natürliche Zahl oder als das Verhältnis zweier natürlicher Zahlen bezeichnen. In Pythagoras’ Lehre spielten hochgradig symmetrische Figuren eine herausragende Rolle: die Tetraktys, das Quadrat, das regelmäßige Fünfeck bzw. das Pentagramm. Als besonders tragisch muss deshalb die Erkenntnis gewertet werden, dass ausgerechnet die für Quadrat und Pentagramm konstituierenden Größen, also ihre jeweiligen Seiten und Diagonalen inkommensurabel sind. Die gesamte Teilbarkeitslehre basiert auf der bereits in der Grundschule gelehrten „Division mit Rest“. Im Euklidischen Algorithmus wird sie so lange wie möglich wiederholt und liefert so den größten gemeinsamen Teiler zweier natürlicher Zahlen. Dieses Verfahren ist um Größenordnungen effizienter als das im Standard-Schulunterricht behandelte Verfahren der Primfaktorzerlegung. Der Euklidische Algorithmus führt zur Kettenbruchdarstellung reeller Zahlen. Ähnlich wie die Systembruchdarstellungen (z.B. die Dezimalbruchdarstellung) weisen Kettenbruchdarstellungen oft besondere Muster und Regelmäßigkeiten auf (z.B. Periodizitäten). Kettenbrüche eignen sich auch sehr gut, um irrationale Zahlen oder hochgradig komplizierte gewöhnlich Brüche durch Bruchdarstellungen anzunähern. Ein historisch bedeutsames Beispiel dafür ist die Verwendung von Kettenbrüchen bei der Konstruktion des Planetenmodells von Chr. Huygens.

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Fußnoten
1
Das griechische Wort anthyphairesis bedeutet gegenseitiges Wegnehmen. Aristoteles verwendet den Begriff antanairesis für denselben Sachverhalt.
 
2
Eudoxos von Knidos, ca. 408–355 v. Chr.
 
3
Theaitetos, ca. 417–369 v. Chr.
 
4
Euklid von Alexandria, ca. 325–265 v. Chr.
 
5
Auch wenn es sich, genau genommen, um Streckenlängen dreht, werden wir meist von Strecken sprechen.
 
6
Ein ebenes Vieleck (Polygon) heißt konvex, wenn die Verbindungsstrecke je zweier beliebiger Punkte innerhalb des Vielecks verläuft.
 
7
Helmut Hasse, 1898–1979, deutscher Mathematiker.
 
8
Gabriel Lamé (1795–1870), französischer Mathematiker.
 
9
Christiaan Huygens (1629–1695), holländischer Mathematiker, Astronom, Physiker, Erfinder, Universalgelehrter.
 
Metadaten
Titel
Wechselwegnahme und Euklidischer Algorithmus
verfasst von
Jochen Ziegenbalg
Copyright-Jahr
2024
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-67830-5_6

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